Die alte Trotte Thalwil

 

Anlässlich der letzten Trotten-Tagung am 14. Januar 2001 wurde wieder einmal der grosse Trottbaum gebührend bewundert. Weshalb nur steht die Inschrift auf dem Kopf? Bei den Nachforschungen in meinem «Archiv» kam mir dann ein Artilkel von H.J. Zwicky aus der Thalwiler Lokalpresse in die Finger, den ich hier wiedergebe:

Nach der Inschrift «... Altstetten war mein Vaterland», den Wappen des Spitals und Spitalmeisters sowie der Datierung von 1679 wusste man, dass dieser Trottbaum im Auftrag des Spitals in Zürich erstellt wurde. So findet man in den Spitallrechnungen von 1679 unter den Angaben: «54 Pfund zalt ich einer Ehrwsamen Gmeind Altstetten umb ein Trottbaum, ist 42 Schu lang, 3 Schue hoch und sovil dick, den 2. Jenner». Den Transport dieser Grossen Eiche besorgte bei grosser Januarkälte der Karrermeister Johannes Syfrig am Oetenbach mit 3 Knechten und 8 Pferden. Im Spital im Oetenbach wurde die wohl über 100jährige Eiche durch die Zimmerleute Rudolf und christof Grossmann von Höngg und Rudolf Burri mit der Breitaxt in neun tagen zurechtgehauen. Einer dieser Handwerker war wohl auch der Schnitzer des noch vorhandenen Spruches mit dem farbigen Doppelwappen. Dass dabei die grosse schwere Eiche verkehrt am Boden lag, muss auch der Grund sein, warum die Schrift heute am aufgerichteten Trotthaufen auf dem Kopfe steht.

Eine am Trottgestell eingekerbte Jahreszahl mit Initialen SM/HIS/1790 weist auf eine Neuaufrichtung oder Umbaute dieser Presse hin. Die Durchsicht der Verhandlungsprotokolle des Spitals ergab auch, dass am 26. Februar 1787 3 Trotten des Spitals zu nachfolgenden Kaufbedingungen auf die Gant geschlagen wurden:

 

«1. Jede dieser Trotten wird stehend verkauft, ohne dass man sich diess orts weder des Schleissens noch des Wegführens im mindesten belädt &endash;

2. Jeder Käufer ist schuldig, den an sich gekauften Trotthaufen durch verständige Leute in seinen Kösten schleissen lassen, damit nicht etwa Schaden den andern umstehenden Trotten oder Gebäuden widerfahren, sonst jeder um den verursachten Schaden belangt würde &endash;

3. Jede dieser 3 Trotten, wird ohne einige Nachwährschaft, so wie sie da stehen, verkauft &endash;

4. Alle diese 3 Trotthaufen sollen bis Ende Mey weggeführt u. der Platz geräumt seyn; auch ist ebenfalls auf Ends Mey der Zahlungs Termin gestellt, welches an H. Spithalmeister dannzumal zu entrichten ist &endash;

5. endlich wird kein Kauf heimgegeben werden bis alle drey beschlossen sind &endash;»

Käufer waren an diesen Tagen für den Trotthaufen Nr. 2 der Geschworene Fehr, Zehntenschätzer von Oberstrass; Trottmeister Heinrich Küng für die Trotte Nr.3.

Da für die grösste Trotte, die sogenannte Wagnertrotte (wohl benannt nach dem damaligen Spitalarzt Johann Jakob Wagner 1641 &endash; 1695), Seckelmeister Hans Jakob Syfrig von Thalwil nur 300 Gulden bot, konnte man den Verkauf nicht beschliessen, und man musste die ganze Spitalpflege zu einer Sitzung aufbieten. Die Käufer Fehr, Küng und Syfrig wurden in ihren Geboten behaftet und auf den Nachmittag vertröstet. Die Spitalpflege erteilte dann nachmitags die Bewilligung zu Verkauf der Trotten und beschloss für die Wagnertrotte einen Minimalpreis von 350 Gulden. Seckelmeister Syfrig nahm dieses Angebot «nach langem markten» an, und es konnte der Kaufabschluss für alle drei Trotten getätigt werden.

Syfrig kehrte nach der Gant nach Hause zurück. Doch bald kamen ihm Zweifel wegen der Grösse der Trotte und dem Aufstellen derselben; auch machte er sich Sorgen wegeen des Transportes. Einen Monat später, am 26. März 1787, beschwerte sich Seckelmeister Syfrig beim Spitalamt, dass «... diese Trotte für ihne in allweg zu gross seye, und er sehr wünsche, aus seinem Kauf heraus gelassen zu werden.»

Die Spitalverwaltung gab jedoch nicht nach, denn das Protokoll meldet: «Er nicht anders als Käufer könne angesehen werden, auch zufolge der Kauf Bedingungen verpflichtet seye, bis Ende könftigen Meymonats diesen Trotthaufen schleifen und wegführen zu lassen &endash; daran könne und wolle man ihn diss Orts nicht hindern, wenn Er Jemand ander ausfindig machen könne, der ihme seine Kauf abnimmt, und müsse derselbe gänzlich in seine Fusstapfen tretten, und allen denen Kauf Bedingungen sattsames Genügen leisten.»

Syfrig muss aber weiterhin des Kaufes reuig gewesen sein, denn am 14. Juni 1787 ersuchte er abermals und wiederum ohne Erfolg um Nachlass von 10 Gulden am Steigerungsbetrag.

Die Trotte wurde hierauf nach dem Kaufzwang durch Johann Jakob Syfrig bis zur 1790 erfolgten Aufstellung gelagert.

In der Folge versah diese mächtige Trottwerk während fas 150 Jahren zur Herbstzeit seinen Dienst und presste die Thalwiler Trauben und später das Thalwiler Mostobst in die Standen. Nach über 30jährigem Dornröschenschlaf erfolgte anlässlich der Eröffnung des renovierten Trottgebäudes im Oktober 1977 erstmals wieder eine Taubenpressung.

 

Quelle:

Artikel von H.J. Zwicky im Anzeiger des Wahlkreises Thalwil vom 22. Oktober 1979